Beziehung ist Lebensmitte(l)
Stop – look – go, Innehalten – Innewerden – Handeln. Diesen Dreischritt empfiehlt David Steindl-Rast für das geistliche Leben. Für mich deckt er das Leben insgesamt ab.
Innehalten – mich dem Leben stellen
Innewerden – was ist die Gelegenheit?
Handeln – welche Gelegenheit gibt mir das Leben jetzt?
Stehenbleiben, durchatmen, wahrnehmen, was ist, und schauen, was sich daraus ergibt. Oder wie meine Großmutter immer gesagt hat: „Du musst das Leben nehmen, wie es kommt.“ Was geheißen hat, herankommenlassen und dann entsprechend damit umgehen. Getragen von einem tiefen Glauben an das Leben.
Aufmerksam leben
Die Dinge, die möglich sind, sind schlagartig weniger geworden, Leben findet reduzierter statt. Ich bin nachdenklicher geworden, wieder mehr ein Suchender. Termine im Kalender sind großzügig gestrichen. Der Fokus liegt jetzt im Nahbereich, auf den nächsten Tagen, auf dem gegenwärtigen Tag und seinen Schönheiten, Fragen, Ängsten, Freuden und Sorgen.
Ich lebe deshalb aufmerksamer, genieße buchstäblich die Augen-Blicke. Da erfreut der Gruß der Nachbarin über den Gartenzaun, ein kurzer Wortwechsel. Da empfinde ich große Dankbarkeit für jede reale Umarmung meiner Frau, dafür, neben Homeoffice auch in den Treffpunkt zu kommen.
Was wichtiger wird
Banales wird wichtig, kochen und gemeinsam essen, bewusster auf die jeweiligen Bedürfnisse schauen, mehr miteinander reden. Gemeinsame Spaziergänge lassen die Umgebung neu oder überhaupt erst entdecken. Ich hätte nie vermutet, wie viele Frösche es in den Tümpeln rund um Enns gibt. Ich staune wieder, auch über die verschiedenen Grüntöne, die die Natur jetzt zaubert.
In der Arbeit als Betriebsseelsorger genieße ich Telefonate mit Betriebsräten und Betriebsrätinnen, das Interesse aneinander. Wie geht es dir? Bist du gesund? Was erlebst du in Zeiten der Krise an deinem Arbeitsplatz?
Reden von Angesicht zu Angesicht
Jetzt ist mir nochmals klarer geworden: Kontakt und Beziehung sind Lebensmittel.
Schau auf dich, und auf die rund um dich.
Da sind die vier Bauhofmitarbeiter, die am Montag den Rasen im Gemeinschaftsgarten gemäht haben. Zufällig war ich gerade zu diesem Zeitpunkt im Büro, hörte Motorsensen und schaute vor den Treffpunkt.
Auf meine Frage: „Wollt ihr einen Kaffee?“ hebt einer von ihnen vier Finger in die Höhe, lächelt und sagt: „Sicher, Fritz.“ Die herzliche Verbindung ist spürbar. Auf der Terrasse ist dann – mit Abstand – Zeit zum Genießen des Kaffees und für einen kurzen Austausch. Reden von Angesicht zu Angesicht, das tut verdammt gut.
Einfach machen... (c) privat
Fritz Käferböck-Stelzer ist Leiter des Treffpunkts mensch & arbeit Nettingsdorf