Erfrischend
Dass das Flugfeld Cuatro Vientos in der Nähe von Madrid seinem Namen mehr als gerecht werden würde, hatte am Nachmittag an diesem Samstag im Jahr 2011 vermutlich keiner der versammelten über eine Millionen Menschen vermutet. Untertags glühende Hitze ohne Aussicht auf Schatten, so dass die Feuerwehr durch die Rettungsgassen gefahren kam, um die Menschenmengen künstlich zu beregnen. Palettenweise wurden Wasserflaschen ausgeteilt, reihenweise kippten junge und junggebliebene Menschen um, weil der Kreislauf den Anstrengungen des Anmarsches und den gefühlten 40 Grad nicht gewachsen war. Während des Abendgebets des Weltjugendtages, von dem ich schreibe, veränderte sich dann plötzlich beinahe alles. Peitschender Regen, heftige Sturmböen fast aus heiterem Himmel, die Videowände fielen aus – eine nach der anderen. Ein Lichtmasten kippte um und schlug hart am Boden auf. Dass niemand dabei letal zu Schaden gekommen ist, grenzt an ein Wunder.
Woran ich mich erinnere, nachdem auch das Audiosignal der Übertragung weg war, dass wir als Gruppe von oberösterreichischen Teilnehmenden in unserem Sektor zusammengerückt sind. Mit Kartons und Gewandstücken uns vor dem herabfallenden Nass bedeckend haben wir im Dunkel der hereinbrechenden Nacht einander Mut zugesprochen. Wenn ich an Wind denke, dann kommt mir unweigerlich diese Szene in Erinnerung – der brachialen Kraft und des stärkenden Zusammenhalts.
Gegenwind und Rückenwind
Bruder Wind habe ich auch in anderen Gestalten erlebt. Als heftigen, eisigen Gegenwind bei der Neusiedlerseeumrundung im Jänner vergangenen Jahres oder bei heftigen Diskussionen um die Aufnahmefähigkeit für Zuflucht Suchende aus anderen Ursprungsländern. Als antreibenden Rückenwind beim Radfahren in einer Zeit der nächtlichen Entbehrung beim „12 Füße für ein Halleluja“-Projekt letzten Oktober oder wenn mir jemand anerkennend rückmeldet, dass er/sie meinen Einsatz schätzt. Als erfrischenden Wind, wenn Menschen neu in eine Tätigkeit kommen und/oder begeistert von einer Sache sind und andere motivieren – so erlebe ich zum Beispiel Markus Fischer, Initiator des Startups chabadoo.com und viele in der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit. Als kleine Wirbelwinde erlebe ich in meiner neuen Tätigkeit als Geschäftsführer Kinder, wenn ich die franziskanischen Kindergärten besuche und sie mich in ihr Spiel einbinden. Wind(hauch) ist eines der Symbole, das wir neben dem Feuer und der Taube für die Geistkraft Gottes verwenden.
In Übertragung auf mein eigenes Handeln und mein Engagement gibt mir der Wind zu denken:
Wo bin ich lau oder kraftlos?
Wo zärtlich und sanft?
Wo erfrischend?
Wo energiespendend?
Wo stürmisch?
Wo antreibend?
Wo beatmend/reanimierend?
Wo bin ich wind-still?
Frischen Wind zulassen
„Frischer Wind“ ist der Titel eines Liederheftes, das von Stefanie Stockinger (Poxrucker Sisters) komponiert und in Zusammenarbeit vom Kirchenmusikreferat und der Katholischen Jugend OÖ im letzten Herbst herausgegeben wurde (Artikel in der Linzer KirchenZeitung).
Mit dem Blick auf Pfingsten wünsche ich uns, dass wir immer wieder den Mut finden, diesen frischen Wind in unseren Organisationen und in der Kirche wahrzunehmen, zuzulassen, zu verstärken und auch selber zu sein – wir haben ihn immer wieder neu nötig. In der der Vorbereitung auf Pfingsten bitte ich für uns um inspirierende Anstöße - für uns persönlich, für die Orte, an denen wir tätig sind, für unsere Beziehungen und unsere Gesellschaft - gerade dort, wo es sie am nötigsten braucht.
Mag. Christoph Burgstaller ist Geschäftsführer des Vereins für Franziskanische Bildung