Trost?!
Sind wir eigentlich noch bei Trost?
Manche sagen: „Schaut euch doch das Ganze an, die Situation ist trostlos.“ Selbst wenn angesichts der Corona-Pandemie vieles auch in der Kirche wieder „hochgefahren“ wird, bleibt etwas Bedrückendes und Angstmachendes zurück. Auch andere gesellschaftliche Probleme sind nicht verschwunden: Rüstung, Arbeitslosigkeit, Umweltprobleme usw. Die Situation unserer Welt scheint trostlos und die Politiker oft ratlos.
Viele Menschen hat im Blick auf ihre Lebenssituation eine große Schwere und Trostlosigkeit überfallen. Sie wissen nicht, wie es weitergehen soll: mit den verfehlten Lebensentscheidungen, zerbrochenen Beziehungen, im Beruf, den Zwängen in denen sie stehen, mit den eigenen Grenzen. Mit großen Hoffnungen sind wir gestartet und wie vieles müssen wir doch im Laufe unseres Lebens davon zurücknehmen. Gibt es angesichts solcher Erfahrungen, angesichts unserer Vergänglichkeit noch Trost? Sind wir noch bei Trost?
Billiger Trost
Wer könnte, wer kann uns denn trösten? Es gibt den billigen Trost: „Es ist doch gar nicht so schlimm. Kopf hoch! Es wird schon wieder werden. Nur nicht unterkriegen lassen.“ In manchen Situationen können solche Sprüche noch trostloser machen. Mit billigem Trost ist niemandem gedient, auch nicht mit Vertröstung.
Lange Zeit hat man unseren Glauben zu einer reinen Vertröstungsreligion auf das Jenseits abgestempelt. Christlicher Glaube ist keine billige Vertröstung auf ein glückliches Jenseits. Aber er zeigt uns auch die Unzulänglichkeit unserer irdischen Tröster. Viele von uns decken sich ein mit solchen selbstgemachten Tröstern: der Trost in der Flasche, in der Droge, der Tablette, dem Konsum, der Arbeit. Auch die Vertröstungen des Diesseits bringen auf die Dauer nichts.
Kostbarer Trost
Es gibt aber auch den kostbaren Trost in Situationen der Trostlosigkeit. Wenn wir ganz am Boden sind, nur noch die Probleme sehen, nur noch schwarz-sehen, wird unser Blick geöffnet, sehen wir Möglichkeiten, die wir schon fast übersehen und vergessen haben.
Es gibt diese ungeahnten Möglichkeiten für unsere Welt, unsere Kirche, für eine/n jede/n von uns. Und diese Möglichkeiten sind begründet in der Größe und Weite, der unendlichen Fülle Gottes. Als der, der uns alle Möglichkeiten ermöglicht und erschließt, ist Gott in uns gegenwärtig durch den Heiligen Geist. Er ist der Beistand, er ist der Tröster.
Die Geistkraft Gottes reißt uns nicht einfach aus unseren Schwierigkeiten und Anstrengungen heraus. Sie lässt uns nicht leichtfertig und schwärmerisch über die tatsächlichen Verhältnisse hinwegsehen. Sie entreißt uns nicht den Konflikten, den ganzen Mühsalen und Beschwernissen der Erneuerung unserer Kirche und unserer Gesellschaft, den Rückschlägen, Frustrationen und wüstenähnlichen Durststrecken. Aber sie ist bei uns und das ist der Trost.
Immer wieder singen wir in unseren Pfingstliedern vom Hl. Geist als Trost und Tröster; in fast keinem fehlt diese Anrede des Geistes. Sind wir eigentlich noch bei Trost? Ja, wir sind es, durch den Heiligen Geist als Hoffnungsträger in uns.
Adolf Trawöger ist Bischofsvikar für Orden, Säkularinstitute und geistliche Gemeinschaften sowie Rektor des Bildungshaus Schloss Puchberg in Wels