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Theologin Silvia Habringer-Hagleitner
Man könnte Christi Himmelfahrt als das Fest des Loslassens bezeichnen. Jesus wurde gekreuzigt, er ist auferstanden, und nun begreifen seine Jüngerinnen und Jünger, dass es einen Neuanfang braucht: Jesus wird vor den Augen seiner Freunde „emporgehoben“, heißt es in der Bibel, dann „ihren Blicken entzogen“. Es ist der Moment, wo die Freunde Jesu aus ihrer Trauer herausfinden in jene Rolle, die Jesus ihnen überantwortet. „Ihr werdet meine Zeugen sein“, sagt er. Also: Ich habe euch alles gesagt und gezeigt, und jetzt seid ihr dran, jetzt kommt es auf euch an! Das ist ein zentrales Momentum im Christentum, denn Jesus macht deutlich, dass er kein „Guru“ ist, dessen Lehre allein an ihm hängt und mit dessen Tod alles vorbei ist. Nein, die Anhänger Jesu sollen in die Welt bringen, was sie an ihm beeindruckt hat, was sie mit seinem körperlichen Verschwinden in der Welt vermissen – seine Zärtlichkeit, seine Nähe zu den Schwachen, seinen Mut gegenüber den Mächtigen, den Glauben an eine grenzensprengende Liebe. Und mit diesem Auftrag verabschiedet sich der irdische Jesus „endgültig“ von seinen Freundinnen und Freunden.
Silvia Habringer-Hagleiter, 56, ist Professorin für Religionspädagogik an der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz.
Physiker Werner Gruber
Bis vor rund 250 Jahren war der Mensch fest an die Erde gebunden. Dann kam die Erfindung des Heißluftballons, später das Flugzeug. Für die Menschen der Antike aber war eine Bewegung nach oben alles andere als natürlich, sondern im wahrsten Sinne des Wortes überirdisch. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass der Himmel immer schon als eine göttliche Sphäre wahrgenommen wurde und eben auch Jesus dorthin aufsteigt. Dazu kommt für uns noch die sprachliche Doppelbedeutung im Deutschen, wo „Himmel“ sowohl das Firmament als auch das göttliche Paradies bezeichnet. Im Englischen ist die Unterscheidung ja etwas leichter mit den Wörtern „sky“ und „heaven“. Nach oben, also „in den Himmel“ zu fahren, ist für uns heute Alltag. Gleichzeitig finde ich es erstaunlich, wie viele Menschen keine Ahnung haben von den physikalischen Gesetzen, die ein Flugzeug fliegen lassen. Für sie ist es nahe an einem Wunder – was übrigens meist auch zu erhöhter Flugangst führt, denn wer weiß, wie ein Flugzeug fliegt, den bringen allfällige Ruckler nicht sonderlich aus der Ruhe.
Werner Gruber, 50, ist Experimentalphysiker, Autor und seit 2013 Direktor des Planetariums Wien.
Astronaut Franz Viehböck
Ich bin kein religiöser Mensch. Für mich ist Christi Himmelfahrt in erster Linie ein Feiertag – und dadurch natürlich etwas Angenehmes. Freilich könnte man scherzhaft davon sprechen, dass ich auch eine „Himmelfahrt“ gemacht habe zur Raumstation Mir vor fast 30 Jahren. Und tatsächlich ist es so, dass mich manchmal Menschen auf meine Weltraumfahrt ansprechen mit der Frage, ob das nicht ein besonders spirituelles Erlebnis gewesen sei. Ich muss dann sagen: Leider nein. Ich habe kein „Gotteserlebnis“ oder dergleichen verspürt, ich war Gott wohl genauso nahe oder fern wie davor und danach auf der Erde. Was aber zweifellos nachwirkt, das ist der Blick von oben auf die Erde. Man umkreiste den Planeten in der Raumstation 16mal am Tag, und man sieht zum einen, wie wunderschön er ist. Zum anderen aber auch, wie verletzlich er ist. Man sieht an vielen Flecken das Zerstörerische, die Ausbeutung der Natur. Und ganz deutlich sieht man, wie unglaublich dünn die Schutzhülle ist, die das Leben von uns Menschen auf der Erde sicherstellt.
Franz Viehböck, 59, war 1991 der erste österreichische Weltraumfahrer. Heute ist er Chief Technology Officer der Berndorf AG.