Wenn wir in dieser nächtlichen Feier das Geheimnis von Weihnachten verstehen wollen, dann brauchen wir vor allem eines: eine große Einfachheit. Nur wer die Augen eines Kindes hat, ist fähig, immer wieder zu staunen über all das, war er in dieser Nacht hört. Das Staunen ist auch die Tür, um einzuladen in die Anbetung und Freude über Weihnachten: Gott wird ein kleines hilfloses Kind.
Der Prophet Jesaja sagt nun in der 1. Lesung, wie wir uns verhalten sollen: Wir sollen uns freuen vor Gott, wie man sich freut bei der Ernte, wie man jubelt beim Verteilen der Beute. Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt.
Ja, aber kommen denn nicht täglich Kinde zur Welt? Gewiss, und jede Geburt ist ein Grund zur Freude und Hoffnung. Jedes Kind, das auf Erden geboren wird, ist ein Zeichen dafür, dass Gott an den Menschen noch nicht verzweifelt ist. Jenes Kind aber, dessen Geburt wir heute Nacht feiern, vermittelt uns ganz andere Beweggründe für Hoffnung und Freude. „Auf seinen Schultern ruht die Herrschaft.“ „Groß ist seine Macht und des Friedens ist kein Ende.“ Er herrscht auf dem Thron Davids und festigt sein Reich durch Recht und Gerechtigkeit.
In der 2. Lesung fasst es Paulus in dem Satz zusammen: „Erschienen ist die Güte Gottes, um allen Menschen das Heil zu bringen.“
Und was sagt im heutigen Evangelium der Engel zu den Hirten? „Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll. Heute ist euch der Retter geboren, Christus der Herr. Und dies soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt.“
Ja, liebe Brüder und Schwestern, das ist der Widerspruch, das Paradoxon von Weihnachten: Auf der einen Seite werden uns von dieser Geburt große Versprechungen gemacht: Freude, Frieden, Gerechtigkeit, Rettung und Heil. Auf der anderen Seite stehen wir vor einem Kind im Stall, Ausdruck größter Schwäche, Ohnmacht und Armut, wie man sich kaum etwas Schlimmeres vorstellen kann. Dieses negative Bild vervollkommnen noch Josef und Maria, arme Leute, für die nicht einmal Platz in einer Herberge war.
Und nun! Frieden und Gerechtigkeit für die ganze Welt werden da jemandem zugesprochen, der nicht einmal in einem Haus geboren werden konnte. Nur ein Stall war es, beim Vieh, in einem Futtertrog lag das Kind auf Stroh und Spreu.
Zu jener Zeit sprachen auch andere von Frieden und Gerechtigkeit in dieser Welt. Da war der Kaiser Augustus, der im heutigen Evangelium genannt wurde. Er besaß Macht und Glanz im kaiserlichen Rom und stellt den größten Kontrast zu diesem armen Kind im Stall dar. Augustus ließ sich Retter und Friedensfürst nennen. Er erhielt verschiedene Titel: Erneuerer der Welt, Hoffnung der Völker, Bringer des Lichts. Und die Menschen haben immer geglaubt: nur wer stark ist, Waffen und Soldaten besitzt und Macht ausübt, der kann den anderen Frieden und Heil bringen. So manchem haben sie Heil zugerufen, die dann nur Schrecken und Verderben über die Menschen brachten.
Gott hat mit der Geburt Christi alles umgekehrt und die falschen Sicherheiten der Menschen zunichte gemacht. Paulus sagt es uns deutlich (1. Kor 1,27): „Das Törichte in der Welt hat Gott erwählt, um das Starke zuschanden zu machen, und das Niedrige und Verachtete in der Welt hat Gott erwählt, um das, was etwas ist, zu vernichten.“
Also nicht die Mächtigen, auch nicht ein Kaiser Augustus hat der Welt Heil und Rettung gebracht, sondern ein Kind in der Krippe.
Nur der, der Mensch wurde, der arm und demütig war, hat die Welt gerettet. Das ist die große, froh machende Botschaft von Weihnachten.
Jetzt richtet sich unser Denken auf die hl. Eucharistie, die wir nun am Altar feiern. Das Zeichen des Kindes in der Krippe wird in gleicher Demut gegenwärtig im Zeichen des Brotes am Altar. Er kommt zu uns in der heiligen Kommunion.
Was werden wir Jesus in dieser heiligen Nacht sagen, die wir in seinem Namen hier vereint sind? Ich glaube nur das eine Wort: Danke, Herr, dass du gekommen bist.
Amen