Donnerstag 12. Dezember 2024

Ansprache von Bischof Schwarz zum Tag der Katholischen Hochschulen am 13. Oktober 2010

In der Folge der Wortlaut der Stellungnahme von Bischof Schwarz zum Thema "Arbeit als Religion"

Es ist mir jedes Jahr wieder eine Freude, dass wir uns hier in der Katholischen Hochschulgemeinde zusammenfinden, uns begegnen und austauschen können. Und es macht auch immer wieder neugierig, unter welches Thema der Tag der Linzer Hochschulen gestellt wird. Das soeben gehörte Referat zu „Arbeit als Religion“ war für mich sehr spannend und informativ und ich denke, dass uns diese Thematik, wenn wir uns in Richtung einem mehr an Menschsein weiterentwickeln möchten, in Zukunft noch sehr beschäftigen wird und muss. Ich danke Herrn Dr. Ansgar Kreutzer, Assistent an der Katholisch Theologischen Privatuniversität unserer Diözese Linz, sehr für seine interessanten Ausführungen.

Ohne selber ein Fachmann auf dem Gebiet von Arbeitswelt und Erwerbsarbeit zu sein, macht der bewusstere Blick auf diese Lebenswelt deutlich, dass heute jede und jeder einzelne tatsächlich über seine Rolle darin definiert wird. Nicht selten glaubt man, um Ansehen genießen zu können, einen gut bezahlten Job haben zu müssen, möglichst viele Stunden arbeiten zu müssen und keine freie Zeit haben zu dürfen.  Sich beruflich gestresst zu fühlen wird als Indikator dafür gesehen. Solche Leute werden wegen ihrer zentralen und scheinbar unersetzlichen Rolle und wegen ihres erworbenen Besitzes oft bewundert und beneidet.

Was aber ist mit jenen Leuten, denen es gar nicht möglich ist, voll zu arbeiten, oder die sich bewusst anders entschieden haben? Was ist mit jenen Müttern oder Vätern, welche sich zuhause um ihre Kinder sorgen, welche ihre betagten und kranken Eltern pflegen?  Was ist mit jenen, die sich ehrenamtlich und unentgeltlich in ihrer Freizeit für die Gesellschaft und ihre Mitmenschen einsetzen? Und was ist mit jenen, die sich um eine Erwerbsarbeit bemühen, aber seit Monaten oder Jahren keine Anstellung mehr bekommen?

Gerechtigkeit wird in unseren Tagen gerne eingefordert, insbesondere dort, wo ich mich selbst ungerecht behandelt fühle. Wo aber ist der Ruf nach Gerechtigkeit, wenn Arbeitslosigkeit heute nach wie vor zahlreiche Mitmenschen an den Rand drängt, weil sie keinen Zugang mehr zur Erwerbsarbeit bekommen, wo ist der Ruf, wenn Frauen und Männer wöchentlich 40 Stunden und mehr arbeiten, dennoch aber für sich und ihre Familie nicht genug zum Leben haben, weil man von Dumping-Löhnen einfach nicht leben kann. Die sogenannten „working poor“ sind nicht mehr nur Einzelpersonen und Einzelschicksale, es sind inzwischen 10 % der Beschäftigten, in Zahlen über 350.000 Personen (Arbeitsklima Index 3/2010). Wo bleibt der Aufschrei der Gesellschaft gegen diese Verirrungen unserer Zeit, wo sind die Volksvertreter, die um ihrer Mitbürger willen tatsächlich daran arbeiten, diesem Übel einen Riegel vorzuschieben?

Arbeit gehört ganz wesentlich zum Menschsein. Wir sichern dadurch unser Leben, wir entfalten uns in ihr, wir begegnen uns als Mitmenschen. Gute Arbeit schafft gewiss auch Sinn. Als Mensch zu reifen bedeutet aber mehr, als völlig in seiner Erwerbsarbeit aufzugehen.

Als Christen sollten wir überzeugt sein, dass der Mensch – jeder Mensch - von Gott geliebt ist ohne vorher eine Leistung erbracht haben zu müssen. Diese Glaubensüberzeugung in das eigene Dasein zu integrieren, könnte dazu führen, das begrenzte irdische Leben nicht nur auf die Erwerbsarbeit zu fixieren, sondern wesentlich umfassender zu leben, und es könnte dazu führen, solidarischer auch für den Mitmenschen einzutreten. Erwerbsarbeit gehört gerecht verteilt und Arbeit gehört menschenwürdig entlohnt. Außerdem muss es darüber hinaus selbstverständlich werden, ebenso Menschen, die noch nicht oder nicht mehr einer Erwerbsarbeit nachgehen, ein Leben in Würde zu sichern.

Die liebende Zuwendung Gottes zu uns Menschen, seine Verheißung eines Lebens in Fülle, geht ganz eindeutig über unsere festgefahrene Doktrin von Leistung und Gegenleistung, von Arbeit und Lohn hinaus.

Offizielle Bilder zum Download Bischof Schwarz
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