50 Jahre Pfarrgemeinderäte und 20 Jahre Seelsorgeteams
Sie sind ehrenamtlich engagiert, tragen wesentlich zur Gestaltung bzw. Entwicklung von Pfarrgemeinden bei und halten Kirche am Ort lebendig: Pfarrgemeinderät:innen und Mitglieder von Seelsorgeteams. Beide Formen zur Beteiligung qualifizierter Ehrenamtlicher feiern heuer einen runden Geburtstag. Das 50-jährige Bestehen von Pfarrgemeinderäten und das 20-jährige Bestehen von Seelsorgeteams in der Katholischen Kirche in Oberösterreich wurde am 31. März 2023 im Bildungshaus Schloss Puchberg in Wels mit etwa 130 Gästen gefeiert. Zur Feier geladen hatte der diözesane Fachbereich „Ehrenamt und Pfarrgemeinde“ unter der Leitung von Reinhard Wimmer. Gekommen waren neben Pfarrgemeinderät:innen und Mitgliedern von Seelsorgeteams zahlreiche Persönlichkeiten des kirchlichen Lebens. Unter den Gratulanten waren unter anderem Bischof Manfred Scheuer, Bischof em. Maximilian Aichern OSB und der in der Österreichischen Bischofskonferenz zuständige Referatsbischof Josef Marketz. Beim Festakt wurden Blitzlichter und Meilensteine aus der Geschichte von Pfarrgemeinderäten und Seelsorgeteams beleuchtet und die Grundidee der beiden Formen der Beteiligung hervorgehoben. Bei einem Podiumsgespräch mit langjährigen Pfarrgemeinderats- und Seelsorgeteam-Mitgliedern wurde über die Motivation zum persönlichen Engagement und über Herausforderungen in der neuen Pfarrstruktur diskutiert. Durch den Abend führte Sabine Kronberger, Chefredakteurin von „Welt der Frauen“.
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Etwa 8.000 Pfarrgemeinderät:innen tragen Verantwortung für das Leben und die Entwicklung der oberösterreichischen Pfarrgemeinden. Sie beraten als Leitungsgremium in regelmäßigen Sitzungen die weitreichenden Themen und entscheiden, wie die Grundaufträge von Kirche – Gottesdienst feiern, Glaube erfahrbar machen, Gemeinschaft leben, Not sehen und helfen – gelebt werden. Die Pfarrgemeinderäte sind ein Ergebnis des II Vatikanischen Konzils (1962-65). Die Linzer Diözesansynode (1970-72) verfasste ein Statut, eine Geschäftsordnung und eine Wahlordnung, die mit Überarbeitungen bis heute Gültigkeit haben. Als erster Wahltermin in der Diözese Linz gilt der 8. April 1973. Seit 1987 wird österreichweit alle fünf Jahre zu einem gemeinsamen Termin gewählt (zuletzt im März 2022).
Seelsorgeteams als Gemeindeleitungsmodell mit Beteiligung Ehrenamtlicher wurden in der Diözese Linz vor über 20 Jahren eingeführt. Entstanden sind sie aus dem Wunsch kleiner Pfarren, auch ohne eigenen Pfarrer am Ort eine eigenständige lebendige Gemeinde zu bleiben. Alle Mitglieder von Seelsorgeteams trägt das starke Bewusstsein der Taufberufung: Durch die Taufe sind alle Christ:innen von Gott selbst berufen, an der Kirche mitzubauen. Seelsorgeteams bieten die Chance, dass qualifizierte Laien Kirche am Ort mitgestalten und lebendig halten. Gemeinsam mit hauptamtlichen Seelsorger:innen nehmen sie Leitungsverantwortung wahr. Seelsorgeteams nehmen die vier Grundfunktionen Liturgie, Verkündigung, Caritas und Gemeinschaftsdienst in den Blick. Bei der Pfarrstrukturreform wurde das Modell nochmals weiterentwickelt; in jeder Pfarrteilgemeinde einer Pfarre ist nun ein Seelsorgeteam verpflichtend vorgesehen. In der „alten Struktur“ gibt es insgesamt 71 Seelsorgeteams (sieben weitere sind derzeit in Ausbildung), in den fünf neuen Pionierpfarren wurden 51 Seelsorgeteams gebildet. Mit der Umsetzung der neuen Pfarrstruktur kommen Jahr für Jahr 70 bis 90 Seelsorgeteams dazu, die das Pfarrgemeindeleben wesentlich mitprägen und mitgestalten werden.
Bischof Josef Marketz: Wertvolle pastorale Impulse aus der Diözese Linz für ganz Österreich
Bischof Josef Marketz, Bischof in der Diözese Gurk-Klagenfurt und Referatsbischof für Pastoral in der Österreichischen Bischofskonferenz, würdigte in seinen Worten die vielen Impulse, die in den letzten Jahrzehnten ausgehend von der Diözese Linz in die österreichischen pastoralen Prozesse und Entwicklungen eingeflossen seien. Er selbst habe als Kaplan und Pfarrer in Kärnten die ersten Perioden der Institution Pfarrgemeinderat mitgestalten dürfen. In Südkärnten sei dies eine besondere Herausforderung gewesen, weil das Gremium zunächst dazu benützt worden sei, die Konflikte zwischen der slowenischen und der deutschen Volksgruppe aufzuarbeiten. „Das war ein wertvoller und wichtiger gesellschaftlicher Dienst, und doch schienen mir die Möglichkeiten und Ressourcen des Pfarrgemeinderates viel umfangreicher zu sein, wie man damals schon am Beispiel der Diözese Linz sehen konnte“, so Bischof Marketz.
Bischof Marketz, Referatsbischof für Pastoral in der Österreichischen Bischofskonferenz
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Auch bei der Gründung von Seelsorgeteams habe die Katholische Kirche in Oberösterreich eine Vorreiterrolle übernommen. Marketz: „Ich muss gestehen, dass wir die Oberösterreicher manchmal ein bisschen belächelt haben, weil sie zu jedem Projekt zuerst ein Statut erstellt haben, sonst konnte es nicht umgesetzt werden. Aber das Lächeln war immer mit ein bisschen Neid verbunden, so wie in diesem Fall. Ihr feiert heute mit den klar definierten Seelsorgeteams ein erfolgreiches pastorales Modell, das ihr auch in euer neues Strukturkonzept der pfarrlichen Pastoral gut eingliedern könnt. Damit habt ihr die meisten Diözesen, die ja von denselben gesellschaftlichen Phänomenen betroffen sind und auch nach angepassten pastoralen Strukturen suchen, eingeholt und überholt.“
Für die Pfarrstrukturreform gab Bischof Marketz allen Beteiligten gute Wünsche mit auf den Weg: Mut, Herzenswärme und Zuneigung zu allen Menschen, ein achtsames Wahrnehmen von deren Freuden, Nöten, Ängsten und Bedürfnissen, ein entschlossenes Handeln im Engagement für die vielfach belasteten Mitbürger:innen, ein achtsames Umgehen mit den eigenen spirituellen, menschlichen und materiellen Ressourcen und „Erfolg von Initiativen, die den Frieden und die Verantwortung für die Schöpfung nie aus dem Blick verlieren, die den Zusammenhalt in Kirche und Gesellschaft stärken, die Räume des Miteinanderdenkens und -handelns und geistvolles Wirken zum Wohle aller ermöglichen und dabei doch geduldig und besonnen bleiben, um möglichst viele auf den Weg mitnehmen zu können“.
Bischof Manfred Scheuer: „Ihr seid ein Segen und ein Geschenk!“
Diözesanbischof Manfred Scheuer bedankte sich bei den Pfarrgemeinderäten, die für ihn so etwas wie der gute Rat und somit eine Gabe des Heiligen Geistes sind. Für die Struktur eines Rates sei der Geist wichtig – erst die lebendigen Menschen würden die Struktur zum Antlitz Jesu machen. Bischof Scheuer: „Die Pfarrgemeinderäte sind ein Segen – gerade dort, wo Menschen getröstet, begleitet, aufgebaut und ermutigt und werden. Ein großes Danke – ihr seid ein Segen und ein Geschenk!“ Für die Umsetzung der neuen Struktur und der damit verbundenen Visionen wünschte Bischof Scheuer den Pfarrgemeinderäten die „Kraft der kleinen Schritte“.
Bischof Manfred Scheuer
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Klaudia Achleitner: „Alle Getauften sind Träger:innen von Seelsorge“
Klaudia Achleitner, Sprecherin der Konferenz der Pfarrgemeinderats-Referent:innen Österreichs, zeigte sich in ihrem Vortrag überzeugt, dass die hierarchische Achse der Kirche ohne starke synodale Achse nur eine halbe Sache sei. Themen wie Ehrenamt, Beteiligung, Demokratie und Synodalität, Glauben, Verkündigung, Gemeinschaft sowie Kirche und Gesellschaft müssten deshalb im Mittelpunkt stehen. „In gemeinsamer Verantwortung sind alle Getauften zum Aufbau des Reiches Gottes berufen und damit Träger:innen von Seelsorge. Die Herausforderung ist, den Auftrag Jesu sowohl in der Gestaltung des persönlichen und gesellschaftlichen Alltags als auch in der Gemeinschaft der Kirche zu verwirklichen. Das trifft uns alle und insofern auch die Pfarrgemeinderät:innen“, so Achleitner.
Klaudia Achleitner, Sprecherin der Konferenz der Pfarrgemeinderats-Referent:innen Österreichs
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Achleitner erinnerte an die Umfrage, die 2021 unter den österreichischen Pfarrgemeinderät:innen durchgeführt wurde. „Gemeinschaft, Zusammenhelfen und Verantwortung sind die Themen, die von vielen mit der Arbeit im Pfarrgemeinderat verbunden werden“, so Achleitner. Die drei wichtigsten Aufgaben des Pfarrgemeindesrates bestünden darin, das kirchliche Leben vor Ort zu gestalten, dafür zu sorgen, dass die Menschen die christliche Botschaft spürten, und Menschen an der Gestaltung des kirchlichen Lebens zu beteiligen. Achleitner verglich die Arbeit des Pfarrgemeinderates mit einem Kreisel: „Ein Kreisel in Bewegung vereint die Kraft der Ruhe und die Kraft der Aktivität in sich. Die Ruhe, die Konzentration in der Mitte – die Kraft, die uns in Bewegung bringt, und die Kraft, die hinausdrängt.“
V. l.: Bischof Manfred Scheuer; Moderatorin Sabine Kronberger (Chefredakteurin „Welt der Frauen“), Alfred Steininger (Seelsorgeteam/Pfarrgemeinderat Zell an der Pram; Bischof Josef Marketz (Referatsbischof für Pastoral in der Österreichischen Bischofskonferenz); Klaudia Achleitner (Sprecherin der Konferenz der Pfarrgemeinderats-Referent:innen Österreichs) , Hans Putz (PGR-Referent von 1991 bis 2018); Monika Heilmann (Leiterin Bereich „Pfarre & Gemeinschaft“); Stefanie Eibelhuber (Seelsorgeteam/Pfarrgemeinderat Weibern); Franz Moser (Seelsorgeteam/Pfarrgemeinderat Steyr-Heilige Familie; Regionaldiakon Carlo Neuhuber (Mitinitiator des ersten Seelsorgeteams im Dekanat Molln).
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Lesen Sie auch: "50 Jahre Pfarrgemeinderat und 20 Jahre Seelsorgeteams" auf der Website des Fachbereichs Ehrenamt und Pfarrgemeinde.